Hybrides Arbeiten – insbesondere dann, wenn es mit einer Shared-Desk-Regelung einhergeht, stellt Führungskräfte vor ganz neue Herausforderungen. Im Folgenden haben wir eine erste kleine Checkliste zusammengestellt, die sich an den drei Dimensionen von Führung orientiert.
Organisationsführung:
Arbeitszeit und Arbeitsort sowie Synchronzeiten gemeinsam festlegen, verbunden mit der Entscheidung, welche Tätigkeiten vor Ort und welche Tätigkeiten online durchgeführt werden sollen. Unsere Empfehlung für Vor-Ort-Tätigkeiten: Kreative Teamprozesse, Verhandlungen, Konfliktgespräche, informelle und teambildende Maßnahmen.
Vereinbarungen zu Erreichbarkeiten und Kommunikationskanälen treffen.
Die Auswirkungen des hybriden Arbeitens auf alle Abläufe untersuchen und dabei vermeintlich triviale Aspekte berücksichtigen wie z.B. den Umgang mit analogen Postsendungen/Dokumenten, die mit steigender Anwesenheit im Büro wieder zunehmen wird (immer auf die nächste physische Anwesenheit der betreffenden Person zu warten, macht Prozesse ineffizient).
Infrastruktur überprüfen und anpassen, wie z.B. Technik/Ausstattung von Besprechungsräumen oder Möglichkeiten zur ungestörten Teilnahme an Online-Besprechungen vom betrieblichen Arbeitsplatz aus.
Personenführung:
Individuelle Präferenzen und Aufgaben (Tagesgeschäft vs. Projektgeschäft) berücksichtigen und dabei auf vermeidbare Ungleichbehandlungen achten.
Auf Teamdynamiken achten, insbesondere dann, wenn ein Schicht-System aus z.B. M-Gruppen (montags und mittwochs) und D-Gruppen (dienstags und donnerstags) eingeführt wird. Hier kann es – ähnlich wie bei Schichtarbeit im gewerblichen Bereich – zu Abschottung und Konkurrenzdenken kommen. Es können sich Subteam-Identitäten und Subteamkulturen mit einem eigenen Zusammengehörigkeitsgefühl und eigenen Arbeitsweisen herausbilden. Unsere Empfehlung: Regelmäßiges Durchmischen der Gruppen oder Nutzen der Subteam-Identitäten für spielerischen Wettbewerb.
Auf den „Proximity Bias“ achten: Menschen, die man öfter real erlebt, empfindet man in der subjektiven Wahrnehmung als präsenter, was im Allgemeinen zu einer stärkeren Bindung zwischen den Mitarbeitenden, aber auch zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden führt. Unsere Empfehlung: Seien Sie sich dieses Effekts bewusst und begegnen Sie ihm z.B. durch gleichmäßig aufgeteilte Anwesenheitszeiten.
Als Ausbaustufe des „Proximity Bias“: Mitarbeitende, die häufiger im Home-Office als im Büro arbeiten, sind für die Führungskraft (gefühlt) nicht nur weniger präsent, sondern auch weniger sichtbar. Sichtbarkeit im Unternehmen hat im Allgemeinen starken Einfluss auf die Karriere. Unsere Empfehlung: Versuchen Sie, die Stärken und Schwächen der weniger häufig Anwesenden auf den Schirm zu bekommen. Planen Sie die Entwicklung der häufiger digital eingebunden Mitarbeitenden bewusster und machen sie dies zu einer Aufgabe für das Gesamtteam.
Die im Büro Anwesenden haben klar geregelte Arbeitszeiten, die Abwesenden nicht. Unsere Empfehlung: Achten Sie auf die Entgrenzung von Arbeit bei den Mitarbeitenden im Home-Office.
Hybride Konstellationen erleichtern und verschärfen zugleich zwischenmenschliche Dynamiken wie Stimmungen oder Konflikte. In Anwesenheit lassen sich diese Themen leichter lösen, was jedoch für die online zugeschalteten Kolleg*innen zugunsten der anwesenden häufig zum Nachteil wird. Empfehlung: Versuchen Sie, Konflikte in physischer Anwesenheit aller Konfliktparteien zu lösen.
Small Talk der Anwesenden vor oder nach einem hybriden Meeting bzw. Anschlusskommunikation der Anwesenden nach der offiziellen Beendigung des hybriden Meetings führen zu informellen, aber auch inhaltlichen Dynamiken, von denen die digital Zugeschalteten ausgeschlossen sind. Diese fühlen sich mit der Zeit als Mitarbeitende zweiter Klasse. Unsere Empfehlung: Versuchen Sie die digital zugeschalteten Kolleg*innen in den Small Talk einzubeziehen und unterbinden Sie inhaltliche Anschlusskommunikation der Anwesenden mit dem Appell, diese Themen beim nächsten hybriden Meeting unter Anwesenheit aller Beteiligten zu besprechen.
In hybriden Meetings haben die digital Zugeschalteten in vielerlei Hinsicht einen Nachteil gegenüber den vor Ort Anwesenden. Unsere Empfehlung: Versuchen Sie, dieses Ungleichgewicht so weit wie möglich auszubalancieren, indem sie alle Anwesenden dazu auffordern, die digital Zugeschalteten bewusst einzubinden (z.B. Patenbildung für proaktives Teilen von Infos oder achten auf mimische Reaktionen der digital Zugeschalteten und Einbindung durch die Paten, wenn diese ein „Störgefühl“ entwickeln). Nutzen Sie in hybriden Meetings grundsätzlich digitale Kollaborationstools statt Flipcharts und Whiteboards.
Selbstführung – hilfreiche Fragen:
Bin ich als Führungskraft selbst vor Ort oder online zugeschaltet? Wofür möchte ich vor Ort sein und wofür nicht?
Besitze ich die Fähigkeit, sowohl in Präsenz als auch online angemessen zu kommunizieren?
Welche Skills muss ich als Führungskraft entwickeln (z.B. Moderationsfähigkeit für hybride Meetings zu unterschiedlichen Anlässen)?