Sowohl in Hinblick auf Wirtschaftlichkeit wie auch zum Wohlbefinden der Mitarbeiter, jedes Unternehmen profitiert davon, wenn seine Teams optimal zusammenarbeiten und die einzelnen Teammitglieder ihre Kompetenzen voll zum Einsatz bringen. Damit sie sich dies allerdings trauen, muss sozusagen ‚die Chemie stimmen‘. Professorin Amy C. Edmondson von der Harvard Business School spricht hierbei von psychologischer Sicherheit [1].
Was ist ‚psychologische Sicherheit‘?
Psychologische Sicherheit bezeichnet das unbewusste oder bewusste Gefühl, dass die Menschen um uns herum uns wohlgesonnen sind – selbst, wenn wir etwas sagen oder tun, was abwegig, kritisch oder sonst wie der Norm widerspricht. Es erlaubt uns also, ehrlich unsere Ansichten und Ideen zu äußern, ohne solch negative Folgen zu befürchten wie Ablehnung, Spott oder eine Beförderung zu riskieren.
Wozu ist psychologische Sicherheit wertvoll?
In unserem Gehirn verankert ist die Anlage zur Angst vor Einsamkeit und Ausgrenzung, also vor Verlust von sozialem Kapital und Beziehungsqualität. Diese Furcht verhindert, dass wir uns frei äußern und damit wertvolle Impulse für Innovation und QM einzubringen. Die Folge ist oftmals, dass in einem Prozess vermeidbare Fehler geschehen, Zeit und andere Ressourcen verloren gehen und mitunter ein Projekt komplett scheitert, obwohl die erforderlichen Kenntnisse und Kompetenzen vorhanden gewesen wären.
Die bedeutende 'Project Aristotle' Studie im Googlekonzern fand entsprechend heraus, dass nicht Fachkompetenz, Genderkonstellation oder sonstige Faktoren entscheidend dafür sind, welche Teams überdurchschnittlich erfolgreich sind, sondern psychologische Sicherheit.
Wie entsteht psychologische Sicherheit?
Wenn wir uns des Rückhalts unserer Mitmenschen sicher sind, ermutigt uns dies, offen zu sein. Dieses Gefühl von Ermutigung ist sowohl von Erfahrungen mit den Kollegen im Team abhängig als auch von der Führungsperson, und wie diese das Teamgeschehen leitet. Es ist daher nicht ausreichend, wenn das Topmanagement ein vertrauensförderndes Klima als Teil der Firmenkultur ‚beschließt‘. Entscheidend ist, ob und wie dies in den einzelnen Abteilungen und Teams umgesetzt wird.
Ein ‚geschützter Raum‘, der psychologische Sicherheit fördert
In verschiedenen Fachdisziplinen wird hierbei oft von einem ‚Safe space‘[2] bzw. ‚geschützten Raum‘ gesprochen, der Rahmenbedingungen beschreibt, die maßgeblich für die Entstehung und Förderung psychologischer Sicherheit verantwortlich sind.
Vorteile eines geschützten Raumes auf einen Blick[3]:
Wie können wir einen geschützten Raum systematisch schaffen?
Das Gefühl von Sicherheit nährt sich aus dem Bedürfnis nach Kontrolle und Vorhersagbarkeit. Diese können wir gezielt bedienen über die drei Faktoren Führungskraft, Setting und Gruppe.
1) Die Führungskraft
Sie ist dafür verantwortlich, das Setting und die Gruppengestaltung derart zu leiten, dass es zuverlässig wirkt. Edmondson schlägt vor, was Führungskräfte konkret tun können[4]:
Entscheidend ist auch, dass die Führungskraft konstruktiv und ermutigend reagiert, wenn unter Teammitgliedern vereinbarte Umgangsformen verletzt werden.
2) Das Setting
Klare Regeln und Orientierung, z.B. in Bezug auf Arbeitszeiten, Abläufe, etc., fördern das Gefühl von Vorhersagbarkeit und Verbindlichkeit, so dass keine Energie für Vermutungen und ständige Deutungen vergeudet wird. Vor Allem in der Anfangsphase ist es wichtig, hierein zu investieren, da die weitere Teamentwicklung darauf aufbaut[5].
3) Die Gruppe
Teammitglieder bieten sich einen Resonanzraum und positive Verstärkung, indem sie gemeinsame Ziele verfolgen, zunehmend (positive) Erfahrungen teilen und sich Gruppenregeln aufstellen – und diese auch einhalten.
Fazit
Psychologische Sicherheit ist wichtig dafür, sein volles Potenzial einzubringen und Innovation zu ermöglichen. Führungskräfte können systematisch einen geschützten Raum entwickeln, um psychologische Sicherheit in ihren Mitarbeitern zu begünstigen. Dies mag zwar etwas Aufwand und Selbstdisziplin erfordern, zahlt sich letztlich allerdings in Erfolg, Ressourcen und Wohlbefinden der Mitarbeiter aus.
Wir bei P1 wenden dieses Wissen gezielt im Design von Veranstaltungen an und nutzen eine Vielzahl an Moderationsmethoden und praktischen Übungen, um einen geschützten Raum und psychologische Sicherheit zu schaffen.
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[1] Edmondson, A.C. (2019). The Fearless Organization: Creating Psychological Safety in the Workplace for Learning, Innovation, and Growth. Wiley & Sons.
[2] Kritik am Begriff ‚Safe space‘ bezieht sich vor Allem auf den Anteil ‚safe‘, also ‚sicher‘. Einen komplett sicheren Ort gibt es in der Wahrnehmung vieler Menschen mit Traumaerfahrung nicht, und ein solches Versprechen wäre von vorneherein unglaubwürdig und keinesfalls vertrauensfördernd. Daher ist die Bezeichnung ‚geschützter Raum‘ zu bevorzugen.
[3] Hildmann, J. (in Vorb.). Safe space.
[4] Institute for Healthcare Improvement (2021). Three ways to create psychological safety in health care. Online: https://www.youtube.com/watch?v=jbLjdFqrUNs
[5] Vgl. Tuckman & Jensen (1977) und andere Gruppenphasenmodelle.